Geräusch ist mehr als ein Komfortmerkmal – es prägt die Qualitätswahrnehmung, beeinflusst Kaufentscheidungen und entscheidet in manchen Branchen über Normkonformität. Wer Akustik erst am physischen Prototyp betrachtet, reagiert zu spät: Änderungen sind dann teuer, iterativ und riskant. Durch Akustiksimulation (CAE) lassen sich Schallquellen identifizieren, Konstruktionsvarianten vergleichen und Zielgrößen wie Schalldruckpegel, Klangqualität oder Normgrenzen schon in der Konzeptphase absichern. Das Ergebnis: weniger Prototypen, kürzere Entwicklungszeiten, geringeres Risiko für Nachbesserungen – und Produkte, die „auf Anhieb“ überzeugen.
Akustiksimulationen beschreiben die Ausbreitung und Kopplung von Schwingungen und Schall in Bauteilen, Luft- und Fluidräumen. Typische Fragestellungen sind Luftschall (z. B. Lüfterrauschen), Körperschall (z. B. Getrieberattern), vibroakustische Kopplung (z. B. Karosserie–Innenraum), Aeroakustik (Strömungsgeräusche) sowie Dämpfung und Absorption durch Materialien (Schaumstoffe, Vliese, poroelastische Schichten). Zielgrößen reichen von Frequenzgängen und Moden bis zu psychoakustischen Kennzahlen wie Lautheit, Schärfe, Rauigkeit und Tonalität. Für F&E bietet das einen direkten Hebel auf wahrgenommene Qualität – messbar und entkoppelbar von reinem Schalldruck.
Ob Automotive (NVH, Pass-by-Noise, E-Drive-Whine), Hausgeräte (Pumpe, Kompressor, Lüfter), Consumer Electronics (Lautsprecher, Mikrofonöffnungen, Gehäusevibrationen), Medizintechnik (Pumpen, Antriebe) oder HVAC (Kanäle, Diffusoren) – überall gilt: Schallquellen lokalisieren, Wege kontrollieren, Empfänger schützen. Akustiksimulationen liefern hierfür Schalldruckkarten, Modenformen, Transferpfade und Designregeln, die Konstruktion und F&E in konkrete Geometrie- oder Materialentscheidungen übersetzen können.
Ein robuster Prozess sichert, dass Akustik nicht zum „Nebenkriegsschauplatz“ wird, sondern integraler Bestandteil der Entwicklung ist:
Neben klassischen Größen wie SPL, Schallleistung und Frequenzgang gewinnen Psychoakustik-Metriken an Bedeutung: Lautheit (ISO-basiert), Schärfe, Rauigkeit, Tonhaltigkeit und Fluktuationsstärke korrelieren mit der subjektiven Wahrnehmung. Für die Entwicklung heißt das: Nicht nur „leiser“, sondern besser klingend – etwa durch Verschieben tonaler Peaks, Reduktion von Modenkoinzidenzen oder gezielte Dämpfung kritischer Bauteilpfade.
Mit Transfer Path Analysis (TPA) lassen sich Beiträge einzelner Quellen und Übertragungswege quantifizieren. So wird klar, ob eine Maßnahme an der Quelle (z. B. Laufradgeometrie), entlang des Pfads (Lager, Entkopplung, Dämpfung) oder am Empfänger (Absorber, Kapselung) die größte Wirkung zeigt. Typische Designregeln:
Strömungen sind ein häufiger Lärmtreiber – vom Lüfterblatt bis zur Kante. Computational Aeroacoustics CAA koppelt Strömungs- und Schalldynamik, um Wirbelentstehung, Blatt-Pass-Frequenzen und Pfeifphänomene sichtbar zu machen. Konstruktiv bewährt:
Dämpfende Schichten, Sandwichstrukturen, viskoelastische Folien oder poroelastische Absorber verbessern die akustische Performance – falls die Materialdaten stimmen. Für robuste Simulationen sind frequenzabhängige Verlustfaktoren, Tortuosität, Porosität, Strömungswiderstand und komplexe E-Module entscheidend. Praxis-Tipp: Materialdatenbanken pflegen, Lieferantenprüfungen standardisieren und Sensitivitäten auf Datenstreuungen fahren.
Zahlen überzeugen Ingenieur:innen, Höreindrücke überzeugen Entscheider. Auralisierung nimmt simulierte oder gemessene Signale, filtert sie über Head-Related Transfer Functions und macht Klangunterschiede zwischen Varianten sofort erfahrbar. Das erleichtert die Diskussion über Zielklang („mild“, „präzise“, „satt“) und führt schneller zu abgestimmten Entscheidungen zwischen F&E, Konstruktion und Produktmanagement.
Akustiksimulation verschiebt Qualitätssicherung nach vorn. Sie macht Schallquellen transparent, quantifiziert Hebel und ermöglicht tragfähige Entscheidungen, wenn sie am wenigsten kosten. Für Produktentwickler:innen, F&E und Konstruktion heißt das: weg vom Reagieren, hin zum Gestalten – mit hörbar besseren Produkten, die Anforderungen, Normen und Kundenerwartungen sicher treffen.
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